Ergänzend sollte erwähnt werden, dass man das Thema "Auswahlrichtlinien" mit gaaannnz spitzen Fingern anfassen sollte.
Stehen diese erste einmal fest, sind sie "die Bibel" nach der bei Einstellungen, etc. die Auswahl erfolgt (nomen est omen). Sofern man dabei nicht wirklich ALLE potentiell denkbaren Auswahlkriterien fixiert hat, können derartige Regeln dazu führen, dass die Auswahl genau die Personen trifft, die man eigentlich nicht möchte!
Bsp:
Es wird geregelt, dass nur Personen eingestellt werden dürfen, welche die Anforderungskriterien erfüllen. Jetzt soll jemand eingestellt werden, Entwicklungsingenieur, Anforderung: dipl. Ingenieur oder Master, 10 Jahre Berufserfahrung.
Jetzt bewerben sich 20 Kandidaten, aber nur **genau einer** erfüllt diese Bedingungen. Dieser MUSS genommen werden, selbst wenn er bereits 64 Jahre alt ist (was zwar schön und gut ist, aber wohl kaum das Ziel dieses Anforderungsprofils war, denn dann darf man nur ein Jahr später wieder einen neuen Ingenieur suchen), oder - was wir an anderer Stelle heiß diskuitiert haben - aktives Mitglied der NPD ist.
Nur wenn an anderer Stelle in den Auswahlrichtlinien eine Regel existiert, welche die obige Regel wieder "aufweicht", kommen u.U. die anderen 19 Kandidaten doch wieder in Frage. z.B. eine Regel, die aussagt, das AN der Entwicklungsabteilung (wegen der Dauer der Entwicklungsprojekte und der Notwendigkeit, dass das entsprechende Personal entsprechend unverändert bleibt) höchstens 55 Jahre alt sein dürfen. Zwar geht eine derartige Regelung in die engere Prüfung nach AGG, aber da sie sachlich begründet ist dürfte sie zulässig sein.
Insofern: Vorsicht, i.d.R. sind gar keine Auswahlrichtlinien besser als schlechte Auswahlrichtlinien.
Schon gar nicht würde ich als BR solche Regeln nur aus dem Grund verlangen, um einen Widerspruchsgrund nach §99 (2) 2. BetrVG zu bekommen. WENN ihr das wollt, dann bitte wirklich nur, da es tatsächlich Willkürentscheidungen in der Vergangenheit gegeben hat, die derartige Regeln sinnvoll erscheinen lassen.
NB: Natürlich MUSS der BR nicht widersprechen, wenn die Regeln nicht eingehalten wurden. Er KANN also im obigen Beispiel auf fünfe gerade sein lassen, wenn der AG den einen Bewerber nicht nimmt, sondern einen anderen auf den die Anforderungen eben nicht zutreffen. Nur - wozu wurden die Regeln dann aufgestellt, wenn man sie ignoriert ?? Wo liegt da die Grenze zwischen "ignorieren OK" und "ignorieren nicht OK"?