Erwinchen,
Die Qualität des Pflichtverstoßes setzt im Regelfall schuldhaftes Verhalten voraus. Es genügt eine einmalige grobe Pflichtverletzung (vgl. BAG, Beschluss v. 4.5.1955, 1 ABR 4/53). Dabei führt die Begehung mehrerer leichterer Pflichtverstöße in aller Regel nicht zur Annahme eines groben Verstoßes. Etwas anderes mag sich allenfalls bei beharrlicher Fortsetzung mittelschweren Fehlverhaltens ergeben. Die Frage ist allerdings umstritten.
Beispiele für grobe Pflichtverstöße sind:
• Verletzung der Geheimhaltungspflicht nach § 79 BetrVG (vgl. BAG, Beschluss v. 22.5.1959, 1 ABR 2/59),
• falsche Angaben freigestellter Betriebsratsmitglieder über auswärtige Tätigkeiten während der Arbeitszeit (vgl. BAG, Beschluss v. 21.2.1978, 1 ABR 54/76),
• schwerwiegende Verstöße gegen die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit, Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Betriebsrats (vgl. BAG, Beschluss v. 5.9.1967, 1 ABR 1/67),
• Aufruf zu wildem Streik als Betriebsratsmitglied,
• parteipolitische Agitation in der Eigenschaft als Betriebsratsmitglied (vgl. hierzu BAG, Urteil v. 3.12.1954, 1 AZR 150/54; BAG, Beschluss v. 21.2.1978, 1 ABR 54/76),
• unzulässige Verquickung von Betriebsratstätigkeit mit Gewerkschaftswerbung durch Drohung mit rechtswidriger Differenzierung nach Gewerkschaftszugehörigkeit (vgl. hierzu LAG Köln, Beschluss v. 15.12.2000, 11 TaBV 63/00[2]),
• grobe Verunglimpfung des Arbeitgebers (vgl. BVerwG, Urteil v. 22.8.1991, 6 P 10.90); Drohung mit der Einschaltung des Gewerbeaufsichtsamts ohne zugrunde liegenden Beschluss des Betriebsrats,
• Entgegennahme von Vorteilen im Hinblick auf eine Beeinflussung der Amtsführung,
• Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegenüber anderen Betriebsratsmitgliedern während einer Betriebsratssitzung und Ähnliches mehr.
Grobe Pflichtverletzungen liegen nicht vor bei Streitigkeiten aufgrund unterschiedlicher Standpunkte oder aufgrund von Pflichtverletzungen, die nicht als Betriebsratsmitglied begangen werden.
Ein Ausschlussantrag des Arbeitgebers ist nur begründet, wenn die betreffende Amtspflichtverletzung das Verhältnis zu ihm betrifft. Dies ist nicht der Fall, soweit lediglich das Verhältnis innerhalb des Betriebsrats oder zur Belegschaft betroffen ist. Ein Ausschlussantrag des Betriebsrats soll voraussetzen, dass das ordnungsgemäße Funktionieren des Betriebsrats unmöglich gemacht oder ernstlich gefährdet wird (vgl. LAG Hamm, Beschluss v. 19.3.2004, 13 TaBV 146/03).