@Wellengang
Mit der Freistellung ab 200 w.b. AN (statt ab 9 BRM) hast Du natürlich vollkommen Recht, da war die Hand schneller als das Gehirn.
EDIT:
> Und Sozialauswahl kann nur bei einer Betriebsänderung erfolgen, oder? Die ist ja erst ab einer bestimmten Größe gegeben.
Du wirfst hier Sozialauswahl und Sozialplan durcheinander. Die Sozialauswahl muss IMMER erfolgen wenn für eine betriebsbedingte Kündigung das KSchG gilt. Das ist aber für BRM irrellevant, da diese von der Sozialauswahl ausgenommen sind, da sie unkündbar sind. Anstelle eines BRM geht IMMER ein anderer AN. Anderseits habt ihr doch hoffentlich für alle anderen Betroffenen die Sozialauswahl berücksichtigt? Nebenbei ist eine Betriebsänderung nur dann ab einer bestimmten Größe gegeben, wenn es sich dabei ALLEIN um Kündigungen handelt. Bei einer Abteilungsschließung ist zu prüfen ob es sich um einen WESENTLICHEN Betriebsteil, d.h. um einen für den Bestand des Betriebes relevanten Betriebsteil handelt. Das ist z.B. der Fall wenn ein für die Herstellung des Produktes unverzichtbaren Produktionsteil in der Produktionskette handelt. Dann ist es unabhängig von der Anzahl der betroffenen AN eine Betriebsänderung.
> Unser BR hat nur 7, weil sich nicht mehr gefunden haben.
Dann hättet ihr aber immer noch die PFLICHT ein BRM zu 100% freizustellen.
Und nebenbei fällt mir noch etwas auf: WENN ihr nur 7 BRM habt weil sich nicht mehr gefunden haben, dann habt ihr möglicherweise auch kein EBRM mehr? Falls ja wünsche ich jetzt schon viel Spaß, denn dann habt ihr sobald die Kündigung wirksam wird ein weiteres Problem: Viel Spaß bei der Neuwahl - hoffentlich finden sich dann noch ein paar Kandidaten sonst habt ihr nur noch 5 BRM .......
@all
Es ist zwar korrekt, das ein BRM bei Betriebsschließung ordentlich gekündigt werden kann und das auch sinngemäß für Abteilungsschließungen gilt, aber der AG begibt sich trotzdem auf rechtlich ziemliches Glatteis wenn er im Falle einer Abteilungsschließung die Anhörung nach §103 unterläßt. Im KSchProzess muss der AG substantiell nachweisen, das er ALLE zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze geprüft hat und in keinem dieser Fälle das BRM einsetzbar ist. Selbst wenn ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht den der AG dem BRM nicht im Rahmen seiner Weisungsbefugnis anweisen könnte, muss die dann zulässige Kündigung eine ÄNDERUNGSKÜNDIGUNG sein. Eine BEENDIGUNGSKÜNDIGUNG würde in diesem Fall gegen das Ultima-Ratio-Prinzip verstoßen und wäre ebenfalls unzulässig. Unter diesem Gesichtspunkt muss schon eine unwahrscheinlich verquere Situation eintreten, das es für das BRM nicht doch einen möglichen Arbeitsplatz gibt. Einzige mir ersichtliche Konstellation: Das BRM hat keinerlei fachliche Ausbildung oder eine vollkommen unpassende Ausbildung oder ein außergewöhnliches körperliches Defizit, und es gibt im Betrieb nur noch Arbeitsplätze die passende Ausbildung und körperliche Unversehrtheit voraussetzen.
Kann der AG diese Prüfung nicht beweisen ist die ordentliche Kündigung unzulässig. Der Weg des geringeren Widerstandes für den AG wäre definitiv den BR (auch) nach §103 anzuhören und sich die Zustimmung ersetzen zu lassen. Kommt er damit durch hat sich der ganze Prozess erledigt. Ein Widerspruch gemäß §102 läßt sich mit Sicherheit formulieren, da nach dem gesagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest eine Änderungskündigung möglich wäre und der BR diesen Fakt ja nur Behaupten, nicht Beweisen muss. Damit ist dem BRM auf jeden Fall die Weiterbeschäftigung gesichert.
Wedde Rn. 58 ff. zu §15 KSchG:
Nur wenn es keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einer anderen Abteilung gibt, ist ausnahmsweise auch die ordentliche Kündigung eines Funktionsträgers wegen der Schließung der Abteilung, in der er gearbeitet hat, möglich. Allerdings ist auch hier der AG verpflichtet, vorrangig eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu anderen Arbeitsbedingungen besteht. In einem solchen Fall wäre eine Beendigungskündigung wegen des ultima ratio-Grundsatzes unzulässig. Wenn unterschiedliche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen, kann der AG nicht willkürlich eine davon auswählen, sondern ist wegen eben dieses Grundsatzes verpflichtet, im Rahmen der Änderungskündigung diejenige Vertragsänderung anzubieten, die dem AN bei objektiver Betrachtung am ehesten zuzumuten ist und die ihn am wenigsten belastet. In Zweifelsfällen führt das dazu, dass der AG dem AN verschiedene Alternativen anbieten muss (BAG 28. 10. 1999 – 2 AZR 437/98; NZA 2000, 825).
Nur ausnahmsweise, für den Fall, dass die Übernahme des Funktionsträgers in eine andere Betriebsabteilung nicht möglich ist, erlaubt Absatz 4 dessen Kündigung. Da es sich um einen engen Ausnahmetatbestand handelt, ist der AG einerseits verpflichtet, materiell alle denkbaren Übernahmemöglichkeiten besonders eingehend zu prüfen und andererseits prozessual den Umfang der von ihm angestellten Überlegungen und ihr Ergebnis substantiiert darzulegen und zu beweisen (BAG 25. 11. 1981 – 7 AZR 382/79; AuR 1982, 163). Eine solche Kündigung ist – unter sinngemäßer Anwendung von Absatz 4 – frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung der Abteilung möglich.