Erstellt am 29.07.2010 um 11:34 Uhr von rkoch
> Der AG will gemeinsam mit dem BR einen "Haustarif" erarbeiten. Da er nicht Mitglied im AG-Verband ist, muß er die Gewerkschaft ja nicht einbeziehen.
In einer Hinsicht richtig, in anderer vollkommen falsch!
AG und BR können durchaus über derartige Regelungen verhandeln, bis hin zur Unterschriftsreife. Aber hier ist dann auch Schluss.
Tarifverträge können zwei mögliche Parteien abschließen:
Gewerkschaft und Arbeitgeberverband (Flächentarif)
Gewerkschaft und Arbeitgeber (Haustarif)
Unterschreiben MUSS also die Gewerkschaft. Ob sie allerdings ein Machwerk zwischen AG und BR einfach so unterschreibt wenn sie bei den Verhandlungen nicht dabei war wage ich sehr zu bezweifeln.
> darf der BR eine solche "Hausvergütungsordnung" mit dem AG aushandeln?
NEIN, da
> Oder gibt es da Proleme mit dem § 77 Abs. 3 BetrVG?
genau das passiert. Der BR darf keine BV (und schon gar keinen TV) über Sachen abschließen die in TV geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden.
> Welche Konsequenzen müßte man fürchten, wenn man`s trotzdem macht?
Die BV ist in den gesperrten Belangen unwirksam und entfaltet keine rechtliche Wirkung. Natürlich gilt das Prinzip: "Wo kein Kläger, da kein Richter". Sprich: Wenn sich alle an diese BV halten dann wird einfach danach gelebt. Aber sobald es irgendeinen Grund zum Streit gibt (weil der AG sich nicht dran hält bzw. die Regelungen anders interpretiert als der BR, oder die AN die Regeln nicht akzeptieren), gibt es kein Gericht das über diese Sache entscheidet. Man kann also weder den AG noch die AN zwingen, sich an diese BV zu halten - und auch der BR kann die Einhaltung von niemandem Verlangen und im Streitfall auch nicht die Einigungsstelle anrufen.
Im Schlimmsten Fall wird eine Regelung vereinbart, die für die AN schlechtere Bezahlung vorsieht - aber dafür an anderer Stelle Vergünstigungen vorsieht. WENN die AN diese schlechtere Bezahlung dann akzeptieren, KANN der Fall eintreten, das diese schlechtere Bezahlung in den Einzelvertrag einfließt (einvernehmliche Vertragsänderung). Wenn der AG dann im Gegenzug die Vergünstigungen verweigert - Pech gehabt. Der geringere Lohn ist rechtlich bindend, den Rest kann man sich in die Haare schmieren. Deshalb: Komme als BR niemals auf die dumme Idee eine Sache abzumachen dessen Tragweite Du nicht überschauen kannst.
> Könnte eine solche Hausvergütungsordnung (oder wie man das dann auch immer nennt) z.B. auf dem TVÖD basieren, aber z.B. einzelne Paragrafen ausschließen oder verändern oder die Tabellenwerte prozentual absenken oder ähnliches?
Klar, in einen derartigen Haustarif kann man reinschreiben was man will. Man kann Teile anderer TV übernehmen, abändern, anpassen, man kann ganz was eigenes machen. Nur: die Gewerkschaft muss am Ende unterschreiben. Die Unterschrift des BR ist wertlos.
Erstellt am 29.07.2010 um 14:48 Uhr von BRVLH
@anaconda,
meinst du vlt. ein "Hauseigenes Entgeltsystem"?? Das hat mit einem Tarif nun garnichts zutun und ist auch nicht mit der Gerwerkschaft zu verhandeln oder abzuschließen. Das ist in der Regel so bei den Firmen, die aus dem AG-Verband ausgetreten sind um sich nicht an einen TV anzubinden. Da seit ihr der Ansprechpartner und müsst mit dem AG verhandeln.
Erstellt am 29.07.2010 um 17:14 Uhr von anaconda
Vielen Dank für die zwei Antworten!
Es geht wohl tatsächlich eher um ein "hauseigenes Entgeltsystem"... (auch wenn der AG immer vom "Haustarif" spricht)
Wenn ich das richtig verstehe, darf der BR ein solches mit dem AG verhandeln, nicht wahr? Dann würde ab einem Tag x das hauseigene Entgeltsystem für alle Neueinstellungen gelten. Für die "alte" Belegschaft müßten Übergangsregelungen bzw. Regeln zur Besitzstandswahrung vereinbart werden und das alles zusammen durch eine Änderung des Arbeitsvertrages durch jeden einzelnen Mitarbeiter akzeptiert werden. Stimmt das so in etwa??