So erfreulich die Aussertariflichen Zahlungen eines Unternehmens auch sind, sie sind rechtlich unsicher. Die Zahlungen von freiwilligen übertariflichen Zahlungen beruhen in der Regel entweder auf einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung oder einer einseitigen Zusage, die möglicherweise zur betrieblichen Übung geworden ist. Alle diese Anspruchgrundlagen haben den Nachteil, dass sie einseitig vom Arbeitgeber gekündigt werden können und die Zahlungen dann nicht mehr geleistet werden müssen.
Die möglichen Anspruchsgrundlagen für übertarifliche Zahlungen im Einzelnen:
* Arbeitsvertragliche Vereinbarung
Ist eine übertarifliche Zahlung im Arbeitvertrag vereinbart, so hat der/die Arbeitnehmer/in eine Rechtsgrundlage und Rechtssicherheit. Manko ist: Der Arbeitsvertrag kann von Seiten des Arbeitgebers unter Einhaltung der Kündigungsfrist einseitig gekündigt werden. Das kann auch nur zum Zweck der Änderung einzelner Regelungen im Arbeitsvertrag geschehen (Änderungskündigung). Spricht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aus und der/die Arbeitnehmer/in nehmen den geänderten Vertrag nicht an, so ist das Arbeitsverhältnis aufgelöst, da der alte Vertrag in jedem Fall gekündigt ist (zur Änderungskündigung siehe auch Frage 5.2.9 ).
* Einseitige Zusage
Bei einer einseitigen Zusage des Arbeitgebers hat der/die Arbeitnehmer/in keinen Anspruch auf eine weitere Gewährung von übertariflichen Zahlungen. Wichtig ist, dass eine solche Zusage nur ohne verpflichtende Wirkung für den Arbeitgeber bleibt, wenn er bei jeder Gewährung ausdrücklich auf die Freiwilligkeit hinweist und deutlich macht, dass er keine weitere Rechtsbindung an eine solche Leistung will. Das hört sich zunächst kompliziert an, ist aber von Bedeutung, um die einseitige Zusage von der betrieblichen Übung abzugrenzen, denn bei der betrieblichen Übung entsteht ein Anspruch auf Seiten der Arbeitnehmer/innen.
* Betriebliche Übung
Die betriebliche Übung entsteht, wenn eine Leistung des Arbeitgebers mehrmals geleistet wird und beim Arbeitnehmer/in ein Vertrauen auf die Leistung aufgebaut wurde. In der Rechsprechung geht man davon aus, dass eine Leistung, die drei Mal vom Arbeitgeber erbracht wurde, eine betriebliche Übung begründet. Der Arbeitgeber kann die Entstehung einer betrieblichen Übung allerdings verhindern, in dem er bei Gewährung der Leistung darauf hinweist, dass es sich um eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung handelt und er mit der Leistung keinen Willen ausdrücken will, sich rechtlich zu binden. Ist eine betriebliche Übung entstanden, da ein solcher Hinweis auf Freiwilligkeit unterblieben ist, hat sie rechtlich den Charakter einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Das bedeutet, es ist ein Anspruch der Arbeitnehmer entstanden, aber auch ein Anspruch aus einer betrieblichen Übung kann durch eine Änderungskündigung geändert und beseitigt werden.
Durch diese Aufzählung wird deutlich, dass Arbeitnehmer/innen ein Interesse haben müssen, Leistungen in den Tarifvertrag aufzunehmen und dadurch besser abzusichern. In vielen Betrieben wurde ab den 90er Jahren die bittere Erfahrung gemacht, dass die freiwilligen Leistungen nahezu völlig abgeschmolzen wurden, ohne dass die Arbeitnehmer/innen es verhindern konnten.
In Betrieben mit Betriebsrat gibt es eine Möglichkeit, übertarifliche Zahlungen etwas sicherer zu machen. Wenn es z.B. gelingt, die Zahlungen zweckgebunden mit dem Arbeitgeber betrieblich zu vereinbaren, z.B. als Prämie. Regelt man übertarifliche Zahlungen auf diese Weise, hat das den Vorteil, dass die Zahlungen nicht einseitig beendet werden können. Zweckgebundene Zahlungen wie Prämien fallen in den Bereich des §87 Abs. 1 Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und der Betriebsrat (BR) hat Mitbestimmung. Auch wenn solche Zahlungen vom Arbeitgeber einseitig gekündigt werden, geht eine solche Vereinbarung in die Nachwirkung und gilt solange, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt wird (§77 Abs.6 BetrVG).
MFG Troisdorfer