Erstellt am 12.02.2009 um 20:48 Uhr von nicoline
Hallo monti,
über dieses Thema wurde hier schon vor Kurzem in einigen threads mehr oder minder heftig diskutiert.
Deswegen muß die Antwort auf Deine Frage lauten:
Kommt drauf an oder Versuch macht klug!
Hier ein Auszug aus einem thread mit dem Titel:Urlaubskürzung bei langer Krankheit?, jetzt aus Seite 14, genau zu diesem Thema:
Ein MA hat sich auf dieses Urteil bezogen und unseren AG angeschrieben.
Der AG hat sich bei seinem Arbeitgeberverband eine Rechtsauskunft geholt, wie er mit diesem Urteil umzugehen hat. Die Aussage des Justiziars des Arbeitgeberverbandes war im Wortlaut folgende: "Hat ein MA das Arbeitsverhältnis bedingt durch Krankheit beendet und hat noch Anspruch auf Urlaub, dann müsst ihr das ausbezahlen. Besteht das Arbeitsverhältnis noch weiter, zahlt ihr erst mal nicht und die "alten" Urlaubstage können auch nicht genommen werden. Wer damit nicht einverstanden ist soll doch klagen, so gewinnen wir etwas Zeit." Das stammt jetzt nicht aus der Fabelwelt, ich war bei dem Gespräch anwesend und der Justiziar des Arbeitgeberverbandes ließ sich nicht davon beeindrucken, auf welchen "Grundlagen" dieses Urteil eigentlich ergangen ist. Und drohte, in meinem Beisein, unserem Personalabteilungsleiter, sollten Sie sich nicht so verhalten, wie es die Sicht des Arbeitgeberverbandes ist. könnte auch dieses Konsequenzen haben...
Und hier noch ein Link unter dem Du was nachlesen kannst zu diesem Thema:
http://www.haufe.de/SID21.IKSThEmKyro/oeffentlicher-dienst/newsDetails?newsID=1233821515.17&portal=tvoed
Erstellt am 13.02.2009 um 10:34 Uhr von paula
naja so ganz abwägig ist es nicht was der Justitiar hier sagt. Man muss sich die Entscheidung und die Wirkung des Europarechts doch einmal genau anschauen.
Gemäß Art. 249 Abs. 3 EGV sind Richtlinien für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Ziel verbindlich. Den jeweiligen Mitgliedstaaten wird jedoch die Wahl im Hinblick auf die Form sowie die Mittel überlassen, die mit der Richtlinie verfolgten Ziele zu erreichen und damit zu gewährleisten. Die Adressaten der Richtlinien sind in erster Linie die Mitgliedstaaten selbst, so dass grundsätzlich eine unmittelbare Wirkung der Richtlinien zwischen Privaten nicht besteht. Ein Arbeitnehmer kann sich gegenüber seinem AG nicht unmittelbar auf Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG berufen.
Dies wirkt sich auch auf die Bindungswirkung von Vorabentscheidungen des EuGH aus. Sofern sich der EuGH – wie vorliegend – im Rahmen eines vorabentscheidungsverfahrens abstrakt zu den Rechtswirkungen von Richtlinien äußert, beeinflusst dies nicht die Rechtswirkungen der Richtlinien. Mit anderen Worten: Eine Drittwirkung entsteht auch nicht durch ein EuGH-Urteil!
Anders war der dem EuGH vorgelegte Fall. Der AG war hier die Deutsche Rentenversicherung. Also ein öffentlicher AG. Der EuGH vertritt die Auffassung, dass ein Fall der unmittelbaren Geltung von Richtlinien vorliegt, wenn ein Vertragspartner der Sphäre des öffentlichen Rechts zuzuordnen ist. Somit wirkt in einem solchen Fall die Richtlinie 2003/88/EG direkt und unmittelbar.
Auch das LAG Düsseldorf ist an die Entscheidung des EuGH gebunden. Durch ein Urteil im Vorabentscheidungsverfahren wird aber zunächst nur das vorlegende Gericht des Ausgangsverfahrens gebunden. Dieses hat nunmehr im Rahmen seiner Entscheidungsfindung das Vorabentscheidungsurteil des EuGH hinreichend zu berücksichtigen und dem EuGH in seiner Auslegung der Richtlinie zwingend zu folgen.
Niemand kann heute abschätzen wie das BAG mit dem Urteil des EuGH umgehen wird. Es wäre denkbar, dass das BAG § 7 Abs. 3 BUrlG derart interpretiert, dass die dort fixierten Ausschlussfristen in der vom EuGH entschiedenen Fallvariante nicht mehr zur Anwendung kommen könnten. Macht ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch oder einen entsprechenden Urlaubsabgeltungsanspruch geltend, weil er aufgrund einer Erkrankung daran gehindert war, seinen Urlaub zu nehmen, könnte sich der Arbeitgeber dann nicht mehr auf den Verfall dieser Ansprüche wegen Fristablauf gem. § 7 Abs. 3 BUrlG berufen.
Dei Rückwirkung des EuGH Urteils ist sowieso noch ein interessanter Punkt. Ich erinnere nur an das Urteil des EuGH zur Massenentlassunganzeige. Hier haben die nationalen Gerichte auch die Rückwirkung immer weiter eingeschränkt. Entscheident ist, ob nicht ein Vertrauenstatbestand gegeben ist. Beim Urlaubsrecht besteht ein solcher Vertrauenstatbestand durch das nationale Recht und die Auslegung durch die Gerichte.
Daher gibt es hier noch viele Unwägbarkeiten. Ich kann AG verstehen, die noch nicht direkt die Waffen strecken. Bevor sich das BAG hier nicht zu allen Details des Falles äußert werden wir keine Rechtsklarheit haben