Tja, dann werde ich einmal versuchen, deine Fragen auch halbwegs zu beantworten.
Ich weiß aber bereits jetzt, dass sie dir nicht gefallen werden.
Zu a: Dann Weinen vielleicht einige bitterlich und werden wohl tschüss sagen.
Zu b: Dann schaut ihn der AG freundlich an und sagt: „Was glaubst du, was ich alles möchte?“
Vielleicht tritt er auch noch nach und sagt: „Sieh zu, wo du den Schlüssel für die Tür herbekommst, von mir jedenfalls nicht!“
Womit wir dann auch bei dem von mir angedeuteten zusätzlichen Verfahren währen.
Das Gesetz sagt zwar, dass der AG sich hiervon durch Klage zu befreien hat. Aber was passiert, wenn ihm dieses am Pöter vorbeigeht?
Ist ja ne schöne Sache, dass uns der § 102 Abs. 5 BetrVG so einen Anspruch eröffnet. Aber wer gibt schon etwas freiwillig ab, wenn er durch ein derartiges Verhalten das ganze Prozedere umkehren kann?
Nicht ohne Grund findet sich nachstehender Satz, in so gut wie allen Kommentaren hierzu wieder: „Der Anspruch kann vom Arbeitnehmer gegebenenfalls durch eine gesonderte Klage durchgesetzt werden“
Und weil das leider so ist, gehen halbwegs clevere Anwälte bei und machen das in einem Abwasch und versuchen diesen dann meist durch eine einstweilige Verfügung durchzusetzen.
Aber auch hier greifen die für eine einstweilige Verfügung geltenden allgemeinen Grundsätze mit der Folge, dass ein Verfügungsgrund nicht an sich in der Regel gegeben ist, sondern jeweils im Einzelfall dargelegt und geprüft werden muss.
D. h. jetzt! Sind die Aussichten bei der Kündigungsklage auch zu obsiegen nicht so toll, sieht es auch mit dem Weiterbeschäftigungsanspruch nicht viel besser aus.
Womit dieser dann zu seinem Bruder, dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch aufgeschlossen hat. Was die beiden dann treiben können, ist aber eine andere Sache, dessen Erfolg dann aber auch von recht engen Voraussetzungen abhängt.
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Zum Zitat von (Pjöööng am 02.12.2015 um 15:43)
„Den Tipp, den AN erst einmal in eine Kündigungsschutzklage laufen zu lassen und dann erst die Prüfung zu ermöglichen, ob der Arbeitgeber seine Hausaufgaben ordentlich gemacht hat, halte ich für eher weniger zielführend.“
Warum verstehst du das nicht? Ist doch eigentlich ganz klar! Und mitnichten irrelevant!
Und das du etwas nicht verstehst, ist auch nicht schlimm, sondern hoffentlich nur fallbezogen.
Auch ein Pjöööng und Jakarta sind nicht als Meister vom Himmel gefallen und mussten zum Anfang ihrer BR-Karriere so einiges Verstehen lernen.
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Hier gibt es eine Reihe von Aspekten, die unter Beachtung aller zu einer korrekten Anhörung gehörenden Fakten, einem BR vielleicht ganz andere Möglichkeiten eröffnet hätten, hier eine Kündigung ev. sogar abzuwenden.
Dazu gehören:
1. Einleiten eines Formal korrekten Anhörungsverfahrens unter Mitteilung und ev. erbringen von zusätzlichen Nachweisen zu allen hier relevanten Punkten. Hiervon abhängig ist in der Regel ja auch der Fristablauf.
2. Aktives handeln des BR durch ev. Nachfordern von zusätzlichen Informationen, wenn ihm die vorliegenden nicht ausreichen oder er zusätzliche Punkte sieht, die der AG ev. nicht bedacht hat.
Achtung: Auch dieses kann eine unmittelbare Auswirkung auf den Fristablauf haben. Ein BR ist hier gezwungen aktiv zu werden und kann nicht einfach darauf vertrauen, dass durch Schweigen eine Frist aufgrund fehlender Nachweise nicht beginnt.
3. Möglichst den betroffenen Anhören und auch nach ev. bisher nicht bekannten Entlastungsgründen suchen.
Hat man welche gefunden, nicht gleich widersprechen, sondern zuerst Versuchen, mit dem AG eine andere Lösung zu finden. Stellt er sich stur, kann immer noch widersprochen werden. Sich dann aber auch nur auf Beschäftigungsrelevantes beziehen und hier nicht ausschlaggebendes vermeiden.
4. Den Betroffenen stets auf dem Laufenden halten und auch über dann ev. notwendig werdende Schritte informieren bzw. ihn hier ev. sogar zu begleiten.
Hier finde ich auch den von Pjöööng vorgebrachten Hinweis zum Datenschutz gut. Leider vergessen manche, dass es nicht unbedingt jedem gefallen muss, wenn man seine persönlichen Verhältnisse offenbart, in einem überall herumgeisternden Widerspruchsschreiben wiederfindet.
5. Kündigt der AG und es besteht die Chance der Abwendung durch eine Kündigungsschutzklage, sollte hiermit auch gleichzeitig der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht werden. Warum habe ich ja bereits unter „b.“ zum Besten gegeben.
Zur Begründung dieses Weiterbeschäftigungsanspruchs reicht es aber bei Weitem nicht aus, wenn der BR in seinem Widerspruch lediglich allgemein auf eine bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit hinweist. Diese sollte schon konkret benannt werden.
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„Ein Richter stellt doch als erst einmal fest, ob richtig angehört wurde oder nicht, wenn nicht => Kündigung ist unwirksam.“
Nein, das stellt er erst dann fest, wenn dieses einer anzweifelt.
Bedenke! Auch ein Richter will sich nicht zumüllen und nur das Wissen, was für ihn auch entscheidungsrelevant ist. Erst wenn hier Zweifel bestehen, wird das zu einem Thema.
Und trenn dich bitte von dem Glauben, dass eine Kündigung nur dann wirksam ist, wenn ein Richter dieses festgestellt hat.
Es ist genau anders herum. Er stellt nicht die Wirksamkeit fest, sondern deren Unwirksamkeit.
Im Vorfeld unwirksam ist sie nur dann, wenn der Betriebsrat vorher nicht angehört oder der besondere Kündigungsschutz bestimmter Personengruppen nicht beachtet wurde.
Offensichtlich unwirksam ist eine Kündigung dann, wenn sich diese Unwirksamkeit schon aus dem Vorbringen des AG ergibt oder sich die Unwirksamkeit der Kündigung jedem halbwegs Kundigen geradezu aufdrängt.
Ich hoffe, das hat dir jetzt einwenig weiter geholfen.
Das ist jetzt zwar etwas lang geworden und man wird mich dann vielleicht auch wieder als einen in einen Schreibwahn verfallenen bezeichnen, aber damit muss man halt leben, wenn man kein Steno beherrscht.