Erstellt am 06.07.2014 um 08:31 Uhr von Hartmut
Hallo nordischjung, wenn ich das richtig aus deinen Zeilen herauslese: Das eine Kündigung in der Probezeit. Die Probezeit deckt sich -wie üblich- mit der Wartezeit von 6 Monaten für den Kündigungsschutz. Innerhalb dieser Zeit ist das Malheur passiert und der Chef hat eine verhaltensbedingte, fristlose, außerordentliche Kündigung ausgesprochen ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats. Alles richtig?
Dann ist die Kündigung zunächst einmal unwirksam, denn JEDE Kündigung muss VORHER durch den BR. Auch in der Probezeit. Die MA sollte eigentlich ihre Arbeitskraft anbieten, denn sie ist nach wie vor angestellt im Unternehmen. 'Eigentlich' da ich weiß, wie unendlich schwer das Arbeiten in so einer Atmosphäre ist. Dein Tipp mit dem RA war gut, finde ich.
Sie ist also NICHT wirksam entlassen und Ihr als BR solltet damit rechnen, dass die 'hilfsweise ordentliche' Kündigung bald hereinschneit. Jetzt müsst ihr schauen: Kriegen wir die Sache so lange gestreckt, bis die Probezeit abgelaufen ist? Falls das gelingt, wird die 'Wut-Kündigung' echt schwer und mit vereinten Kräften können BR und RA eine gute Abfindung herausholen.
Viel mehr wird nicht gehen. Aber was soll die Frau auch in so einem Saftladen arbeiten...
Erstellt am 06.07.2014 um 08:34 Uhr von Topaz
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter-Prinzip
Erstellt am 06.07.2014 um 09:07 Uhr von Hoppel
@ Hartmut
Ob die Kollegin wirksam entlassen ist, hängt einzig und allein davon ab, ob sie fristgerecht Kü´schutzklage einreicht oder nicht.
Tut sie das nicht, kann die Kündigung noch so mangelbehaftet sein, sie ist nach Ablauf von drei Wochen wirksam!
@ nordischjung
Wichtig ist vor allen Dingen, dass die Kollegin die Kündigungsschutzklage fristgerecht einreicht. Also innerhalb von 3 Wochen nach Ausspruch der Kündigung!! Falls die Kollegin Anwaltskosten scheut, soll sie einfach zur Rechtsantragstelle beim zuständigen Arbeitsgericht marschieren. Es reicht aus, dass sie dort mitteilt, dass ihr ohne Anhörung des BR fristlos gekündigt wurde. Als BR könnte man ihr das auch noch im Vorfeld schriftlich bestätigen (ist aber nicht zwingend erforderlich).
Falls der AG jetzt noch auf die Idee kommen sollte, den BR zur fristlosen Kündigung anhören zu wollen, sollte Euer BR auf folgende Punkte achten:
§ 626 Abs.2 BGB
"Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen."
Bedeutet, dass der Kollegin nur innerhalb dieser zwei Wochen ab Kenntnisnahme dieser SMS fristlos gekündigt werden kann. Als BR sollte man hier auf gar keinen Fall vor Ablauf der Anhörungsfrist eine abschließende Stellungnahme abgeben, d.h. der AG muss die Anhörungsfrist (drei Tage) abwarten und muss dann auch noch Sorge dafür tragen, dass die Kollegin die fristlose Kündigung innerhalb dieser zwei Wochen beweisbar zugeht!
Schafft er das nicht, kann er auch noch am letzten Tag der Probezeit eine ordentliche Kündigung aussprechen. Aber auch hier muss er natürlich die Anhörungsfrist des BR einplanen!
Erstellt am 06.07.2014 um 09:40 Uhr von gironimo
> Ich pers. hätte nach Vorlage der Kündigung diese abgelehnt. Aber dazu kam es ja nie.<
Das ist ja der positive Aspekt. Der BR sagt zu alledem gar nichts und schweigt. Die Gekündigte klagt innerhalb der 3 Wochenfrist (ich würde sicherheitshalber zwei Wochen warten), und ehe der AG ein Schreiben vom Gericht erhält, ist die Frist nach § 626 BGB vorbei.
Nächste Hürde Probezeit. Wie lange geht die denn noch?.
Erstellt am 06.07.2014 um 09:51 Uhr von Nordischjung
Vielen Dank für eure Antworten. Leider macht der Betriebsrat deswegen nichts, weil ansonsten der Arbeitgeber, bevor der Rechtsanwalt was macht, eine ordentliche Kündigung eingereicht. Also versteh ich euch so, dass der Rechtsanwalt jetzt Kündigungsschutzklage einreich. Bis das Gericht ein Urteil fällt, ist die Frist für den ag abgelaufen. Leider dauert die Probezeit noch circa 3-4 Monate. Aber der Arbeitgeber weiß zumindest wo's langgeht.
Oder was sollte man noch machen??
Erstellt am 06.07.2014 um 10:42 Uhr von Hoppel
@ Nordischjung
Warum schreibst Du, dass der BR LEIDER untätig ist? Du hast doch schon selbst erkannt, dass das in diesem Fall zum Vorteil der Kollegin ist.
Wenn fristgerecht Kü´schutzklage eingereicht wird, wird der AG definitiv vor Ablauf der Probezeit davon erfahren. Dann wird er der Kollegin vermutlich eine ordentliche Kündigung aussprechen und den BR vermutlich vor Ausspruch der Kündigung anhören. Auch gegen diese Kündigung kann wiederum Kü´schutzklage eingereicht werden; der Erfolg ist aber bei einer Probezeitkündigung fraglich.
Unterm Strich hat die Kollegin "lediglich" einen finanziellen Vorteil, da dass Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet worden ist. Wenn Sie einen Anwalt hinzugezogen hat, wird der entsprechend beraten und die Kü´schutzklage einreichen.
Der wird der Kollegin übrigens auch erklären, dass sie ihre Arbeitskraft NICHT anbieten muss!
Da der AG eine ordentliche fristgerechte Kündigung auch noch am letzten Tag der vereinbarten Probezeit aussprechen kann, glaube ich nicht wirklich daran, dass das Arbeitsverhältnis in einen unbefristeten AV übergehen wird. Auch glaube ich nicht, dass die Kollegin viel Freude in Eurem Betrieb hätte.
Aber die Kollegin muss sich vor allen Dingen unverzüglich bei der Arbeitsagentur arbeitslos/arbeitssuchend melden bzw. hat das hoffentlich schon getan!
Erstellt am 06.07.2014 um 11:35 Uhr von Hartmut
Der erste Satz von Hoppel's Einlassung ist korrekt: WENN Kündigungsschutzklage, DANN innerhalb von drei Wochen. Aber wie gesagt, innerhalb der Probezeit steht alles auf sehr tönernen Füßen und man kann nur versuchen, (a) das 'rettende Ufer' Ende-der-Probezeit zu erreichen, das geht hier nicht, oder (b) so viel Kohle wie möglich rauszuholen, da geht was mit dem richtigen Anwalt. (Übrigens Hoppel, von 'lediglich' einem finanziellen Vorteil zu sprechen ist ziemlicher Luxus. Nicht alle Menschen haben's so dicke.)
Der RA muss natürlich auch vom AG bezahlt werden, zumindest was DIESEN Vorgang angeht, wo die 'Schuld' ganz eindeutig beim AG liegt. Im Gütetermin nach der zu erwartenden ordentlichen Kündigung trägt jede Partei ihre Kosten selbst. Aber all das wird der RA ihr erklären.
Man kann's nicht oft genug betonen: In der Probezeit ist man praktisch schutzlos. Man hält da besser still und schluckt die Kröten die da kommen, WENN man bleiben will.
Erstellt am 06.07.2014 um 21:21 Uhr von Hoppel
@ Hartmut
Warum wohl, habe ich "lediglich" in Anführungszeichen gesetzt? Dreimal darfst Du raten ...
Völliger Humbug ist, dass die Anwaltskosten vom AG zu tragen sind.
Deine Einlassung, dass im Gütetermin nach der zu erwartenden ordentlichen Kündigung jede Partei ihre Kosten selber trägt, ist auch nicht ganz nachvollziehbar.
Glaubst Du, dass es im jetzigen Kü´schutzprozess keinen Gütetermin geben wird?
Außerdem spielt der Gütetermin an sich überhaupt keine Rolle, was die Kosten betrifft. Entscheidend ist, dass keine Gerichtskosten anfallen, wenn man sich beim Gütetermin auf einen Vergleich einigt und es dadurch nicht zum Kammertermin kommt. Alle anderen Kosten trägt jede Partei in erster Instanz selbst!