So ganz chancenlos seit ihr doch gar nicht.
Da es bei euch ja keine Verbandsbindung gibt, kann sich der AG grundsätzlich im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes bewegen. Dies schlisst aber andere rechtliche Regelungen nicht aus.
Wie Du angibst, besteht eine wöchentliche Regelung der Arbeitszeiten ja bereits in den AV.
Selbst wenn die bestehende BV ungültig ist, so ist es deren Inhalt nicht.
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Hat ein Betriebsrat eine danach "ungültige" Betriebsvereinbarung abgeschlossen, ist diese in eine Gesamtzusage des Arbeitgebers an die Belegschaft umzudeuten. Der kollektivrechtlich ungültig geregelte Tatbestand wird Teil des Einzelarbeitsvertrags. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Arbeitgeber mit seiner Zusage irrtümlich gegen die gesetzlichen Bestimmungen des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen hätte. Wusste er dagegen, dass er mit der getroffenen Regelung über den maßgebenden Tarifvertrag hinausgehen würde, ist davon auszugehen, dass er diese Leistung unter allen Umständen hatte erbringen wollen. Die Folge davon ist eine Gesamtzusage (BAG, 24.01.1996 - 1 AZR 597/95; siehe hierzu Fitting, § 77 BetrVG Rn. 106).
Da an den Nachweis einer irrtümlichen Handlung ein strenger Maßstab gelegt ist, dürfte es hier schwerfallen, dieses auch zu belegen. Ein Zeitraum über mehrere Jahre jedenfalls spricht dagegen.
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Sollten hier Änderungen beabsichtigt werden, bedarf es einer Änderungskündigung sämtlicher Arbeitsverträge. Sämtlicher deshalb, da ansonsten eine Benachteiligung einzelner vorliegen würde. Da BR-Mitglieder ja nur ausnahmsweise ordentlich –gilt auch für eine Änderungskündigung - gekündigt werden können, was hier wohl nicht gegeben ist, würde hier eine verbotene Begünstigung bestehen, da sie ja wohl ihre alten Bedingungen behalten würden.
Ergo, diese Möglichkeit ist von vornherein ausgeschlossen. Hier greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.
Selbst wenn der BR bei der Einstellung kein Mitbestimmungsrecht über die länge, der im AV vereinbarten Arbeitszeit hätte, hier streiten die Gelehrten noch, so hat er zumindest dann ein Mitbestimmungsrecht bei der Verteilung der AZ.
Woher weiß er dieses denn, da ihm ja der AV nicht bekannt ist???
Ganz einfach. Auch eine Verkürzung- und Verlängerung der AZ ist eine Einstellung nach § 99 BetrVG, und somit ist dem BR auch die im AV vereinbarte AZ mitzuteilen.
Da die bestehende AZ zur betrieblichen Übung geworden ist, kann es, bezogen auf eine Eingruppierung, zur Grundlage der eventuell vorhandenen Beschäftigungsgruppen genommen werden. Da hier, entgegen der Lohnhöhe, der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden ist, bestünde bei Neueinstellungen ein Widerspruchsgrund nach § 99 Abs.2 Satz 1 und 4
Dieses könnte man noch um einige weitere Punkte ergänzen.
Da mir aber schon mehrfach die länge meiner Kommentare vorgeworfen wurde, und dieses wohl bei einigen als Arroganz angesehen wird, werde ich es erst einmal hierbei belassen.
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Eines muss aber doch noch sein.
Da der von @ Hoppel dargestellte Auszug aus einem Urteil des LAG Hannover geeignet ist missverstanden zu werden, erlaube ich mir, einen etwas längeren Kommentar anzuhängen.
Das Urteil, so wie es dargestellt wird, erweckt den Eindruck dass sämtliche tarifliche Regelungen der Speerwirkung des § 77 Abs. 3 unterliegen. Dem ist aber nicht so.
Man möge mir dieses bitte verzeihen, aber so einfach möchte ich dieses nicht stehen lassen.
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Zu Abs. 3: § 77 Abs. 3 BetrVG soll - so die herrschende Meinung - dazu dienen, dass die Tarifautonomie gewahrt wird und dass keine Konkurrenz zwischen Betriebsrats- und Gewerkschaftstätigkeit auf betrieblicher Ebene entsteht.
Betriebsvereinbarungen sollen nicht Tarifverträge aushebeln können. Der Betriebsrat soll grundsätzlich nicht Regelungen treffen können, die Sache der Tarifvertragsparteien sind, es sei denn, der Tarifvertrag enthält eine Öffnungsklausel (§ 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). "Betriebliche Bündnisse", mit denen tarifliche Rechte unterlaufen werden sollen, scheitern an § 77 Abs. 3 BetrVG.
Deshalb schließt diese Vorschrift Betriebsvereinbarungen nicht nur dann aus, wenn die Arbeitsentgelte und die sonstigen Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag geregelt sind, sondern auch dann, wenn diese Arbeitsentgelte und Arbeitsbedingungen "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregelt werden.
Daraus folgt: Zum einen sind Betriebsvereinbarungen unzulässig, wenn sie Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen (z. B. Urlaubsregelungen, Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, bzw. die mit der Vergütung korrespondierende Arbeitszeit) regeln sollen und wenn in dem fraglichen Betrieb ein Tarifvertrag gilt, der dazu ebenfalls Regelungen enthält. Zum anderen gilt diese Sperre für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen aber auch, wenn Derartiges in einem Tarifvertrag geregelt ist, wenn der Arbeitgeber aber im konkreten Falle mangels Mitgliedschaft nicht der Tarifbindung unterliegt. Denn hier gilt zwar kein Tarifvertrag; in dem Bereich, dem der fragliche Betrieb angehört, sind diese Dinge aber "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregelt. Dasselbe muss schließlich gelten, unabhängig davon, ob der konkrete Arbeitgeber der Tarifbindung unterliegt oder nicht, wenn im Geltungsbereich des betreffenden Tarifvertrages "üblicherweise" die jeweiligen Gegenstände tariflich geregelt werden, dies nur gerade jetzt nicht der Fall ist, weil etwa der Urlaubstarifvertrag ausgelaufen ist und man sich über einen neuen noch nicht hat einigen können usw.
Es gibt in § 77 Abs. 3 BetrVG zwei Sperren für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung: wenn Arbeitsbedingungen aktuell von einem einschlägigen Tarifvertrag geregelt sind, sowie, wenn sie in Bezug auf den fraglichen Betrieb "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregelt werden.
Abgesehen davon, dass diese Vorschrift nicht sonderlich glücklich formuliert ist, erweckt sie auch den Anschein, dass sie zu einer "Schutzlücke" im Hinblick auf die Arbeitnehmer führt. Denn wenn der Betriebsrat schon dann keine Betriebsvereinbarungen abschließen darf, wenn ein Regelungsgegenstand nur "üblicherweise" von einem Tarifvertrag gestaltet wird, es im konkreten Falle aber nicht ist, scheint es niemanden auf Arbeitnehmerseite zu geben, der sich des Problems annehmen könnte.
Dies ist aber nur zum Teil richtig. Denn die zweite Sperre für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen, wenn tarifliche Regelungen nur "üblicherweise", nicht aber im konkreten Falle getroffen werden, wird zugunsten der Mitbestimmung des Betriebsrats durchbrochen für alle Gegenstände, die gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung unterliegen. Denn nach dessen Eingangssatz ist die Mitbestimmung in diesen Fällen nur dann unzulässig, wenn ein Gegenstand in dem betreffenden Betrieb tatsächlich tariflich geregelt ist, nicht schon dann, wenn dies üblicherweise der Fall ist.
Beispiel:
In einem bundesweit agierenden Forschungsunternehmen, das von öffentlichen Mitteln lebt und dem öffentlichen Dienst zuzurechnen ist, das keinem Arbeitgeberverband angehört, und das auch keinem "Haustarifvertrag" unterliegt, das aber den einschlägigen Tarifvertrag freiwillig befolgt, soll durch Betriebsvereinbarung die wöchentliche Arbeitszeit verlängert werden.
Da die Arbeitszeit in dem fraglichen Bereich "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregelt wird, scheitert die Absicht, insoweit eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, hier an § 77 Abs. 3 BetrVG; Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hilft dabei nichts, weil sie diesen Fall nicht erfasst.
Soll dagegen in diesem Unternehmen durch (Gesamt-)Betriebsvereinbarung eine Vergütungsordnung eingeführt werden, so ist die Situation anders.
Zwar ist auch dies eine Angelegenheit, die hier "üblicherweise" durch Tarifvertrag geregelt ist.
Doch wird diese Angelegenheit auch von der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfasst.
Da insoweit hier ein wirksamer Tarifvertrag nicht besteht, geht das Mitbestimmungsrecht des § 87 BetrVG der Regelungssperre aus § 77 Abs. 3 BetrVG vor.
Im Ergebnis gelten daher folgende Ausnahmen vom "Tarifvorbehalt" des § 77 Abs. 3 BetrVG:
1. Soweit die jeweiligen Tarifverträge Öffnungsklauseln enthalten, ist es dem Betriebsrat freigestellt, insoweit vom Tarifvertrag abweichende Regelungen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren.
2. Von der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG, zweite Alternative ("üblicherweise geregelt werden"), werden Betriebsvereinbarungen nicht erfasst, die im Rahmen der zwingenden Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG zustande kommen.
3. Nach § 112 Abs. 1 BetrVG können Sozialpläne gänzlich ohne die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG abgeschlossen werden, dürfen auch Dinge anders regeln, die im geltenden Tarifvertrag bereits geregelt sind.
Die Sperrwirkung der "üblicherweise" tarifvertraglichen Regelung muss grundsätzlich eng und fallbezogen aufgefasst werden.
Zwar sind Arbeitsentgelte in den verschiedensten Formen (Lohn, Gehalt, Prämien, Deputat usw.) üblicherweise in Tarifverträgen geregelt, das heißt aber nicht, dass auch andere betriebsspezifische - oder generell alle - Entlohnungsformen (Erfolgsbeteiligung, Funktions-, Schmutzzulagen usw.) von der Sperrwirkung erfasst werden.
Wenn materielle Arbeitsbedingungen üblicherweise in Tarifverträgen geregelt sind, aber speziell die eine Angelegenheit nicht, so steht dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich nichts entgegen.
Mfg Riedo