Erstellt am 17.08.2012 um 08:40 Uhr von arkalus
Hallo Luckystrike,
bei BR-Tätigkeit gelten die gleichen Regeln, wie für alle anderen ebenfalls.
Dieses gilt auch bei Dienstreisen/Fahrten.
Hier musst du schauen und nachfragen, wie es in eurem Unternehmen geregelt ist (ist bei jedem Unternehmen anders).
Wichtig insbesondere hier, zu Prüfen, ob euer Arbeitgeber Reisezeit freiwillig als Arbeitszeit mit anrechnet und unter welchen Bedinungen (der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet Reisezeit als Arbeitszeit zu zählen).
Spreche hier am besten mit deinem Vorgesetzten und eurem Betriebsratsvorsitzenden.
Erstellt am 17.08.2012 um 10:01 Uhr von rkoch
> Wichtig insbesondere hier, zu Prüfen, ob euer Arbeitgeber Reisezeit freiwillig als
> Arbeitszeit mit anrechnet und unter welchen Bedinungen (der Arbeitgeber ist nicht
> verpflichtet Reisezeit als Arbeitszeit zu zählen).
IRRTUM! Bei Betriebsräten gelten andere Regeln. Jede Arbeitsversäumnis wegen BR-Arbeit muss nach §37 BetrVG vom AG vergütet werden. Eine notwendige (!) Reise eines BR gehört damit zu den vergütungspflichtigen Zeiten! Nur wenn eine Reiserichtlinie den AN eine bessere Stellung einräumt ist diese auch auf den BR anzuwenden (Benachteiligungsverbot).
vgl. DKK Rn. 41 zu §37 BetrVG:
Bei der Erfüllung von BR-Aufgaben außerhalb des Betriebs (z. B. Reise zu GBR-/KBR-/WA-Sitzungen u. Ä.) oder durch BR-Mitglieder, die außerhalb des Betriebs tätig sind (z. B. Fahrpersonal, Außendienstmitarbeiter), zählen mit der Folge der Bezahlung die während der Arbeitszeit des BR-Mitglieds aufgewendeten Wege- und Reisezeiten zum erforderlichen Arbeitsversäumnis.
Einzige Einschränkung: Die Reisen müssen während der Arbeitszeit erfolgt sein! Für Reisen außerhalb der AZ gilt §37 (3) BetrVG und damit ist die Reisezeit dann durch Freizeit auszugleichen, wenn sie aus BETRIEBSBEDINGTEN Gründen außerhalb der AZ erfolgt.
Bsp: Die Sitzung des BR am 160km entfernten Ort findet um 08:00 Uhr statt, Arbeitsbeginn sei 7:30 Uhr.
Das BRM kann jetzt WÄHREND seiner AZ am Vortag anreisen, der AG hat dann die Übernachtungskosten zu tragen. Das BRM darf deswegen nicht um 5:30 Uhr losfahren um rechtzeitig zur Sitzung zu kommen, da die andere Variante eine Fahrt während der AZ ermöglicht. Nur wenn der AG die Hotelkostenübernahme verweigert und das BRM explizit auf die Möglichkeit verweist ensprechend vor Arbeitsbeginn anzureisen, dann ist der AG und damit der BETRIEB das auslösende Moment für diese Version, dann ist es betriebsbedingt und die 2 h vor Beginn der AZ müssen durch Freizeit ausgeglichen werden.
BTW: Wie kommt es, dass Du 160km von dem Ort der BR-Sitzung entfernt arbeitest? BR werden in Betrieben gewählt und 160km sind definitiv weit genug um §4 (1) BetrVG auszulösen. Der Betrieb (so einer existiert und mindestens 5 AN hat) in dem Du arbeitest hätte danach zwingend einen eigenen BR wählen müssen. Ausnahmen ergeben sich eben nur, wenn an Deinem Arbeitsort kein BR-fähiger Betrieb existiert (z.B. weil Du Außendienstler als Einzelkämpfer bist).
Erstellt am 17.08.2012 um 12:44 Uhr von rtjum
@rkoch
wieviel km sind denn gerichtlich oder anderweitig wirklich anerkannt für eigenständigen Betrieb?
Erstellt am 17.08.2012 um 15:14 Uhr von rkoch
Das ist wieder deeeeeehhhnbar...
DKK führt unter Rn. 59 und 60 zu §4 BetrVG eine ganze Kette an Urteilen auf. Einfach mal nachlesen. Als Beispiele:
Nahe Entfernung (Betriebsteil):
40 – 45 km: BAG 24. 2. 76, AP Nr. 2 zu § 4 BetrVG 1972; 29. 3. 77, AuR 78, 254,mit kritischer Anm. Birk, AuR 78, 226; LAG Niedersachsen 12. 10. 82 – 12 TaBV 5/81; ArbG Hagen 4. 4. 02 – 2 BV 35/01, wenn die notwendige Fahrzeit unter einer Stunde liegt;
Grenzfall:
70 km: BAG 24. 9. 68, AP Nr. 9 zu § 3 BetrVG; wegen optimaler Betreuung durch freigestellte BR-Mitglieder wurde die Entfernung Köln–Essen als nicht weit entfernt angesehen; LAG Köln 13. 4. 89, AiB 90, 359 sieht dieselbe Strecke zu Recht als weit an.
Weite Entfernung (eigenständiger Betrieb):
20 km: LAG Köln 20. 11. 98 – 11 TaBV 6/98; Hauptverwaltung in Köln, Betriebsteil in Bonn; diese Ansicht erscheint jedoch wesentlich zu eng;
29 km: LAG Brandenburg 11. 10. 06 – 23 TaBV 1/06 und 4/06, wonach für die Erreichbarkeit nicht auf die Nutzung eines PKW durch den AN abgestellt werden kann, sondern nur auf die Nutzung öffentlicher Beförderungsmittel. Eine Fahrtzeit von 55 Min. sind für die Erreichbarkeit des BR zu lang;
Zusammengefasst: Über 70km ist auf jeden Fall weit, aber auch 20km können schon weit sein. Deshalb stellt sich mir schon die Frage, wie Luckystrike bei 160km noch BRM in diesem Betrieb sein kann...... BTW: Für GBR/KBR gilt das ganze ja nicht, vielleicht meint er ja das?
Edit: Ich empfehle die Lektüre von 7 ABR 15/07 (http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=12978), dem Beschwerdeverfahren zu dem erwähnten 23 TaBV 1/06. Das BAG erläutert hier in Rn. 19 meiner Meinung nach recht verständlich die Unterscheidung Betrieb (§1 (1) BetrVG), Betriebsteil (§4 BetrVG) und Betriebsteil als eigenständiger Betrieb.
Auch die Definition "Hauptbetrieb" in Rn. 22 ff. ist IMHO lesenswert.
Erstellt am 17.08.2012 um 16:19 Uhr von blackjack
Die bestehende Rechtsunsicherheit bei der Entfernung, wird insbesondere am Beispiel zweier Entscheidungen von BAG und LAG Köln deutlich. Beide Gerichte haben dieselbe Entfernung (Köln-Essen) als erheblich bzw unerheblich angesehen (vgl LAG Köln 13. 4. 89, AiB 90, 359: erheblich; BAG 24. 9. 68, DB 69, 89: unerheblich).
Eine hinreichende räumliche Entfernung wird von der Rspr immer dann bejaht, wenn eine lebendige Betriebsgemeinschaft zwischen Betriebsteil und Hauptbetrieb nicht gewährleistet ist und eine ordnungsgemäße Betreuung der ArbN im Betriebsteil durch den BRat des Hauptbetriebs nicht erfolgen kann (BAG 14. 1. 04 – 7 ABR 26/03).
Erstellt am 17.08.2012 um 18:54 Uhr von poiuz
Was ich auch immer gerne vergesse: Es gibt Tarifverträge in denen Betriebe zusammengefasst werden, beispielsweise ein Betrieb pro Bundesland beim bundesweiten Filialisten.
MA dieser Unternehmen halten das für normal und erwähnen das dann nicht ..