Erstellt am 27.07.2016 um 13:06 Uhr von ickederdicke
Hi,
ich würd mir erst mal Gedanken machen, warum ein Thema wie :
"zum richtigen Verhalten bei Durchsuchungen und Beschlagnahme "
als erstes rumkommt. *Ironiemodusaus*
Zum weitern, Verhalten im Betrieb, BR ist in der Mitbestimmung.
Ausser ihr seit ein Konzernteil, GBR oder KBR wären dann zuständig
Erstellt am 27.07.2016 um 13:10 Uhr von Pickel
Das kommt drauf an, was in dem Dokument geregelt ist. Es kann auch schlicht eine mitbestimmungsfreie Arbeitsanweisung sein. So im übrigen auch beim gesamten Compliance System. Teile sind davon mitbestimmungspflichtig, andere hingegen nicht.
Erstellt am 27.07.2016 um 13:12 Uhr von Challenger
Tach auch Pritt,
ich habe zwar keine Erfahrungen in diesem Thema.
Grundsätzlich aber hat der BR nach §87 Abs.1 Nr.6 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, daß Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das MBR
greift auch dann, wenn die Überwachung nicht beabsichtigt ist, daß System jedoch hierzu in
Lage wäre.
Dies bedeutet, daß Ihr dem AG die Inbetriebnahme und/oder die (derzeitige?) Anwendung dieses Systems im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vom Arbeitsgericht untersagen lassen könnt.
Erstellt am 27.07.2016 um 13:13 Uhr von Pritt
Hallo und danke für Eure raschen Antworten.
Die Frage habe ich mir durchaus heute morgen auch gestellt. :-)
Habt ihr vielleicht einen Tipp für mich wie ich jetzt hier am besten vorgehen kann als Vorsitzender?
Wir sind keine Konzernteil und demnach auch zuständig.
Leider sind wir der erste BR im Unternehmen und erst seit Januar im Amt und seither schlagen wir uns auch mit sehr vielen Dingen rum da die GL einfach noch nicht wirklich so mitarbeitet wie man es sich wünschen würde und natürlich weil uns noch jede Menge Fachwissen fehlt.
Hier mal einige Beispiele aus der Verhaltensregel:
Bleiben Sie sachlich und halten sie einen moderaten Ton ein
Machen sie keine Angaben zur Sache
Informieren sie als erstes die GL und dann den Compliance Officer
Behindern und stören sie die Durchsuchung nicht
Lassen sie schnellstmöglich von Ihrem Rechtsanwalt Akteneinsicht nehmen
Das ist nur ein winziger Ausschnitt aus 31 Punkten
Erstellt am 27.07.2016 um 13:54 Uhr von paula
bei den Punkten sehe ich noch kein MBR, da es das Arbeitsverhalten betrifft
Erstellt am 27.07.2016 um 14:08 Uhr von gironimo
Naja - Du schreibst doch schon, dass Ihr Eure Mitbestimmung ausübt - also kann doch nicht irgendwer mit wohlklingenden englischem Titel vorpreschen und irgend eine Regel vorgeben.
Abgesehen davon, dass das E-Mailsystem nun einmal tatsächlich eine Mitbestimmung nach dem § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ( technische Überwachungseinrichtung) auslöst und Ihr schon deshalb vom AG eine BV zur Nutzung des vom System generierten personenbeziehbarer Daten fordern könnt; und auch einen Unterlassungsanspruch geltend machen könnt, wenn Eure Mitbestimmung nicht beachtet wird.
Abgesehen davon würde ich vom Arbeitgeber eine Fortbildung für den Com.Officer fordern mit dem Tite:l Abgrenzung von Arbeitsanweisung und mitbestimmungspflichtigen Verhaltensfragen.
Erstellt am 27.07.2016 um 14:41 Uhr von titapropper
@Challenger- ein Compliance/ Code of Conduct hat m.E. keinen Bezug auf 87/1/6 BetrVG. Es sei denn, es ist ein IT- Compliance.
Ein Compliance formuliert wesentliche Regeln und Grundsätze für ein rechtlich korrektes Verhalten in einem Unternehmen/ Konzern.
@Pritt- und das unterliegt der vollen Mitbestimmung. Fitting § 87 Rn. 71
Wir haben es auf Konzernebene geregelt. Lasst Euch den Entwurf des ArbG vorlegen, beratet als BR darüber, sendet einen Gegenvorschlag, verhandelt den Verhaltenscodex mit Eurem ArbG. Zur Not erklärt die Verhandlungen als gescheitert und setzt ein Einigungsstellenverfahren in Gang.
Erstellt am 27.07.2016 um 14:47 Uhr von celestro
@ Challenger
Wie kommst Du auf die Idee, das Compliance System sei ein IT-System ? Nur weil diese Verhaltsregeln per E-Mail gekommen sind ?
Erstellt am 27.07.2016 um 15:13 Uhr von gironimo
>ein Dokument zum richtigen Verhalten bei Durchsuchungen und Beschlagnahme via Mail rundgeschickt worden.<
Ist ein wenig missverständlich, was der Satz sagt. (ich hab es auch erst anders gelesen)
O.K. - gehen wir davon aus, dass Anweisungen per Mail verschickt werden. Allein schon daraus ergeben sich diverse Fragen, die der BR mit dem AG zu klären hat. Verständlichkeit, zur Kenntnisname, Verbindlichkeit des Empfangs ..... Fragen über Fragen. Die Mitbestimmung bei Complaince Regelungen besteht aber allemal (meinst enthalten diese Regeln sowohl mitbestimmungsfreie Arbeitsanweisungen als auch mitbestimmungspflichtige Verhaltensregeln).
Erstellt am 27.07.2016 um 21:48 Uhr von ganther
Wenn die Auffassung von challanger stimmen würde wäre jede einzelne Mail die versendet wird unabhängig vom Inhalt mitbestimmungspflichtig
Erstellt am 28.07.2016 um 15:59 Uhr von Niemand
Hallo,
hier geht es doch ganz einfach um die Ordnung im Betrieb.
§ 87 Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb
somit ist doch die Mitbestimmung über die komplette Regelung gegeben. Wie kann man auf die Idee kommen, daß das hier nicht so ist.
Wenn der AG so weiter macht, holt euch einen Rechtsanwalt und klagt auf Unterlassung.
Hier bietet sich sogar an zuerst eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht zu veranlassen, damit erst mal nichts neues derartiges passiert.
Erstellt am 28.07.2016 um 17:36 Uhr von Pjöööng
Fitting schreibt:
"Die Rspr. des BAG legt eine strikte Trennung zwischen einem mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten und einem mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten nahe. Dementsprechend zählen zur Ordnung des Betriebes allgemeingültige verbindliche Verhaltensregeln, die dazu dienen, das sonstige Verhalten der ArbN zu beeinflussen und zu koordinieren. Dazu kommen noch Maßnahmen des ArbGeb., mittels derer die Ordnung des Betriebes aufrecht erhalten werden soll.
Das Arbeitsverhalten betrifft dagegen Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert wird: Das sind Regeln und Weisungen, die von dem ArbN bei der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zu beachten sind. Solche sind mitbestimmungsfrei."
So wie ich den obigen Auszug verstehe geht es darum, wie sich der Mitarbeiter verhalten soll, wenn plötzlich die Staatsmacht an seinem Schreibtisch steht und von ihm (als Arbeitnehmer) Geschäftunsterlagen ausgehändigt bekommen will. Dies wäre dann aber eine Arbeitsanweisung und demnach nicht mitbestimmungspflichtig.
Beunruhigen tut mich übrigens folgender Passus:
"Lassen sie schnellstmöglich von Ihrem Rechtsanwalt Akteneinsicht nehmen."
Das klingt irgendwie danach als ob jeder AN mit einem Bein im Kittchen steht bei diesem Arbeitgeber.
Erstellt am 29.07.2016 um 17:55 Uhr von paula
Sollte es zu Durchsuchungen von Kartellbehörden, Zoll, Staatsanwaltschaft und Co kommen, steht man als MA ggf. auch schnell mit einem Bein in dem Knast, da alle strafrechtlich relevanten Vorgänge immer gegen die Person gehen und nicht gegen das Unternehmen#
Ich finde es trotzdem gut, wenn man sich als Unternehmen mit diesen Themen beschäftigt und Handlungshinweise gibt. Durchsuchungen können heutzutage schnell gehen, da Verstöße gegen Kartellrecht oder Markenschutz, Bildrechte etc. sehr schnell geschehen können
Ich würde den AG aber mal fragen, wie man denn die MA hinsichtlich der Fragen des CoC schulen möchte oder wie es bei Kartell- und Wettbewerbsrecht aussieht. M.E. sollten da nämlich regelmäßig entsprechende Qualifizierungen laufen