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Betriebsvereinbarung

Autor:
Marc Hadyk
12 Minuten Lesezeit

Eine Betriebsvereinbarung stellt laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eine betriebliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (als Belegschaftsvertretung auftretend) dar, die die Rechte und Pflichten der beiden Parteien (Betriebsparteien) festhält und für den Betrieb verbindliche Normen definiert.

Sie ist ein eigenes Rechtsinstrument der Betriebsverfassung. Wegen ihrer Normwirkung ist sie somit das wichtigste Regelungsinstrument der Betriebsparteien. Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen finden sich in § 77 BetrVG.

Lesen Sie in diesem Artikel alles zum Thema Betriebsvereinbarung.

Mann liest sich die Betriebsvereinbarung auf dem PC durch.

Was genau regelt eine Betriebsvereinbarung?

Die Betriebsvereinbarung ist das Gesetz des Betriebs, welches durch schriftliche Vereinbarung der Betriebsparteien (Organe der Betriebsverfassung) geschaffen wurde.

Vom Regelungsgehalt her wird grundsätzlich differenziert zwischen mitbestimmungspflichtigen und mitbestimmungsfreien Betriebsvereinbarungen; darüber hinaus gibt es noch die teilmitbestimmungspflichtige Betriebsvereinbarung, die sowohl mitbestimmungspflichtige als auch mitbestimmungsfreie Inhalte regelt.

Man spricht von Betriebsvereinbarungen über mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten (sog. Erzwingbare Betriebsvereinbarungen), wenn ein Spruch einer Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann.

Bei Angelegenheiten, die nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, können die Betriebspartner freiwillige Betriebsvereinbarungen gem. § 88 BetrVG abschließen. Dies kann nur in beiderseitigem Einvernehmen geschehen und ist nicht gegenüber dem anderen Betriebspartner erzwingbar.

Der Inhalt einer freiwilligen Betriebsvereinbarung geht über den Wortlaut des § 88 BetrVG hinaus, ohne jedoch die Grenze sowohl des Rechts als auch der Regelungskompetenz der Betriebsparteien zu überschreiten.

Abschluss und Form

Wichtig: Betriebsvereinbarungen sind von Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Beide Betriebspartner müssen die Betriebsvereinbarung unterschreiben. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von§ 126a Abs. 2 BGB dasselbe Dokument elektronisch zu signieren, vgl. § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG. Für den Betriebsrat übernimmt dies der Betriebsratsvorsitzende (vgl. § 26 Abs. 2 BetrVG), denn er ist laut Gesetz zur Abgabe von Willenserklärungen berechtigt. Kommt die Betriebsvereinbarung durch Spruch der Einigungsstelle zustande, wird sie vom Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnet.

Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb zu veröffentlichen, z.B. durch Aushang am schwarzen Brett (§ 77 Abs. 2 S. 4 BetrVG).

Inhalt einer Betriebsvereinbarung

Der Inhalt von Betriebsvereinbarungen erstreckt sich über die Angelegenheiten, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz zum gesetzlichen Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören. Dies sind insbesondere Regelungen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen, aber auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Sachverhalte.

Die Betriebsparteien sind bei der inhaltlichen Ausgestaltung allerdings nicht völlig frei, vielmehr wird deren Regelungsmacht beschränkt durch höherrangiges Recht sowie Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts.

Erzwingbare Betriebsvereinbarungen

In folgenden Fällen (systematisch dargestellt anhand des BetrVG) kann der Abschluss einer Betriebsvereinbarung, ggf. auch im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens, erzwungen werden:

Freiwillige Betriebsvereinbarungen

Darüber hinaus gibt es weitere nach dem Betriebsverfassungsgesetz zulässige Regelungstatbestände für freiwillige Betriebsvereinbarungen:

Regelungssperre bei Betriebsvereinbarungen

Rechtsgrundlage: § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG

Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Tarifsperre, die dem Schutz der Durchsetzung tarifvertraglicher Regelungen dient. Sie ist Ausdruck der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie.

Diese Sperrwirkung gilt allerdings nicht bei Sozialplanregelungen sowie im Fall der sogenannten Öffnungsklausel, also wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Vereinbarungen ausdrücklich zulässt.

Darüber hinaus dürfen Tarifverträge nicht auf Basis einer Betriebsvereinbarung übernommen werden (sog. dynamische Blankettverweisung).

Hinweis: Die Sperrwirkung setzt bereits ein, wenn sie für einen Betrieb (erstmalig) tariflich geregelt ist. Sie hängt auch nicht davon ab, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist. Dies gilt auch für die „Tarifüblichkeit“. Diese liegt bereits dann vor, wenn es sich um einen Regelungsgegenstand handelt, der für einen räumlichen (Tarifbezirk) oder fachlichen (Branche) Geltungsbereich üblicherweise geregelt wird. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Arbeitgeber tarifgebunden ist oder nicht. Durch die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG werden nicht nur abweichende (schlechtere), sondern auch ergänzende Regelungen ausgeschlossen.

Tipp: Ausnahmen sind nur möglich, wenn ein Tarifvertrag „ausdrückliche Öffnungsklauseln“ enthält. Dies ist der Fall, wenn die Tarifvertragsparteien den Betriebspartnern eindeutig die Möglichkeit einräumen, unter bestimmten Voraussetzungen von einer tarifvertraglichen Regelung abzuweichen.

Geltungsbereich

Eine Betriebsvereinbarung gilt nur für den Betrieb, für den sie abgeschlossen wurde. Dies gilt auch für Mitarbeiter, die nach Abschluss der Betriebsvereinbarung in den Betrieb eintreten. Personen, die unter § 5 Abs. 2, 3 und 4 BetrVG fallen, werden von den Regelungen einer Betriebsvereinbarung (grundsätzlich) nicht erfasst.

Beendigung einer Betriebsvereinbarung

Sie als Mitglieder des Betriebsrats schließen mit Ihrem Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen ab. Doch wie wird eine solche Betriebsvereinbarung beendet?

Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Befristung, also Einigung auf eine bestimmte Laufzeit
  • Ablösung – Abschluss einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung zum gleichen Regelungsgegenstand
  • Kündigung der Betriebsvereinbarung (beiderseitige Möglichkeit)
  • Aufhebungsvereinbarung zwischen den Betriebsparteien
  • Ende der Amtszeit des Betriebsrats, sofern die Laufzeit der Betriebsvereinbarung daran gebunden worden ist
  • Insolvenz
  • Kündigung aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (umstr.! vgl. Fitting § 77, Rn. 152, 30. Auflage)
  • Betriebsübergang; wobei die Besonderheiten des § 613a BGB zu beachten sind

Im Folgenden weitere Erklärungen zu den einzelnen Beendigungsmöglichkeiten:

Die befristete Betriebsvereinbarung

Es sei erwähnt, dass es auch befristete Betriebsvereinbarungen gibt, die mit Ablauf der - zeitlichen oder zweckgebundenen - Befristung enden. Ist in einer solchen Betriebsvereinbarung keine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit vereinbart, ist eine Kündigung ohne Weiteres während der Laufzeit nicht möglich (so die Wirkung einer zeitlichen Befristung). Das Gleiche gilt für eine Betriebsvereinbarung, die zur Regelung eines konkreten einmaligen Sachverhalts abgeschlossen wird (so die Wirkung einer zweckgebundenen Befristung); wie beispielsweise einen Sozialplan aus Anlass einer Betriebsänderung.

Ablösung durch neue Betriebsvereinbarung zum gleichen Thema

Wird ohne eine vorherige Kündigung oder eine anderweitige Beendigung einer Betriebsvereinbarung eine neue Betriebsvereinbarung zu dem gleichen Regelungsgegenstand abgeschlossen, ist die alte Betriebsvereinbarung nicht mehr gültig. Die alte Betriebsvereinbarung wird durch die neue ersetzt.

Kündigung einer Betriebsvereinbarung

Sie können eine unbefristet laufende Betriebsvereinbarung genauso wie jeden anderen Vertrag kündigen. Eine Betriebsvereinbarung ist vom Rechtscharakter her eine Vereinbarung, also ein privatrechtlicher kollektiver Normenvertrag. Dabei haben Sie eine vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten.

Wenn eine Kündigungsfrist nicht vereinbart worden ist, hat das nicht automatisch zur Folge, dass eine Betriebsvereinbarung unkündbar wäre. Für diesen Fall gilt § 77 Abs. 5 BetrVG. Danach kann eine Betriebsvereinbarung mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden.

Schriftform?

Eine Betriebsvereinbarung kann mündlich gekündigt werden, da der § 77 Abs. 5 BetrVG keine schriftliche Kündigung erfordert. Aus Gründen der Beweisbarkeit und der Rechtssicherheit sollten Sie die Kündigung jedoch stets schriftlich abfassen.

Häufig findet sich in Betriebsvereinbarungen auch die Regelung, dass die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Unbeschadet dessen muss die Kündigungserklärung, egal in welcher Form, unmissverständlich und eindeutig sein.

Zur Erinnung: Der Abschluss einer wirksamen Betriebsvereinbarung setzt hingegen, wie bereits genannt, die Schriftform voraus (§ 77 Abs. 2 S. 1 BetrVG).

Ist ein Kündigungsgrund zwingend erforderlich?

Weder Sie als Betriebsrat noch Ihr Arbeitgeber benötigt für eine Kündigung einen Kündigungsgrund (vgl. Fitting § 77, Rn. 146, 30. Auflage). Nur rein willkürlich darf die Kündigung nicht sein, beispielsweise als Schikanemaßnahme.

Kündigung mit Änderungsangebot

Sie können Ihre Kündigung einer Betriebsvereinbarung auch gleich mit einem Änderungsangebot verbinden. Das heißt: Sie kündigen die Betriebsvereinbarung und bieten die Fortführung der Betriebsvereinbarung zu geänderten Bedingungen nach Ablauf der Kündigungsfrist an. Geht Ihr Arbeitgeber nicht auf das Angebot ein, wandelt sich die Änderungskündigung in eine Beendigungskündigung. Diese endet dann nach Ablauf der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist.

Aber Achtung: Anders als bei einer Beendigungskündigung, setzt die Änderungskündigung einer Betriebsvereinbarung die Schriftform voraus, denn es geht letztlich um die Änderung einer Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 2 S. 1 BetrVG).

Keine Teilkündigungen

Die Teilkündigung einer Betriebsvereinbarung regelt das BetrVG nicht. Demnach können also grundsätzlich nicht Teile einer Betriebsvereinbarung gekündigt werden und nur Teile bleiben bestehen.

Grundsätzlich gilt daher: Betriebsvereinbarungen können nur als Ganzes beendet werden.

Von diesem Grundsatz gibt es allerdings zwei Ausnahmen: Eine Teilkündigung ist zum einen möglich, wenn die Betriebsparteien das ausdrücklich in der Betriebsvereinbarung vereinbart haben. Zum anderen ist dies denkbar, wenn eine Betriebsvereinbarung aus selbstständigen Teilen besteht und der verbleibende Rest noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellt. Letztendlich ist dieses auszulegen.

Praxistipp: Grundsätzlich sollte eine Teilkündigung wegen der unklaren Rechtsfolgen besser vermieden werden.

Fristlose Kündigung

Auch die fristlose Kündigung einer Betriebsvereinbarung ist möglich, allerdings nur im Ausnahmefall. Dafür muss ein wichtiger Grund vorliegen. Voraussetzung dafür ist, dass das Festhalten an der Betriebsvereinbarung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einer der Betriebsparteien nicht zugemutet werden kann. Das könnte beim Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Betriebsvereinbarung der Fall sein.

Aufhebungsvertrag

Genauso, wie Sie als Betriebsrat mit Ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung abschließen dürfen, können Sie auch die Aufhebung der Betriebsvereinbarung mit ihm durch einen Aufhebungsvertrag beschließen. Sind Sie sich einig, müssen noch nicht einmal Fristen eingehalten werden. Dogmatisch basiert dies auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, gestützt auf zwei übereinstimmenden Willenserklärungen der Betriebsparteien.

Praxistipp: Nutzen Sie diese Möglichkeit und suchen Sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber – zumal auch dies der vom Betriebsverfassungsgesetz geforderten vertrauensvollen Zusammenarbeit entspricht (§ 2 BetrVG).

Insolvenz

Belasten die in einer Betriebsvereinbarung zugesagten Leistungen die Insolvenzmasse, so sollen Insolvenzverwalter und Betriebsrat einvernehmlich über das Herabsetzen der Leistungen beraten (§ 120 Abs. 1 S. 2 Insolvenzordnung). Kommt eine einvernehmliche Lösung nicht zustande, so können Insolvenzverwalter oder Betriebsrat unabhängig von einer länger vereinbarten Kündigungsfrist, unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen. Sind in der Betriebsvereinbarung kürzere Kündigungsfristen vereinbart, so kommen diese zur Anwendung.

Wegfall der Geschäftsgrundlage: Situation der Betriebsstilllegung

Im Falle der endgültigen Betriebsstilllegung verlieren Betriebsvereinbarung zum Stilllegungstermin ihre Gültigkeit. Betriebsvereinbarungen wie z.B.: ein Sozialplan aus Anlass der Betriebsstilllegung jedoch nicht, sie gelten bis zur Abwicklung der Betriebsstilllegung.

Betriebsübergang

Im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gelten Betriebsvereinbarungen unverändert weiter und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres geändert werden, da sie Inhalt der Arbeitsverhältnisse des Neuinhabers und der Arbeitnehmer werden. Eine Übernahme von Betriebsvereinbarungen findet nicht statt, wenn die Rechte und Pflichten bei dem Betriebsnachfolger durch andere Betriebsvereinbarungen geregelt werden, § 613a Abs. 1 S. 3 BGB.

Die Nachwirkung

Betriebsvereinbarungen wirken unmittelbar auf die Arbeitsverhältnisse. Sie müssen nicht umgesetzt werden. Das hat zur Folge, dass die zwingende Wirkung im Fall einer Kündigung wegfällt. Das heißt aber nicht, dass Betriebsvereinbarungen nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr gelten, da das Gesetz für bestimmte Betriebsvereinbarungen eine Nachwirkung festschreibt.

Nachwirkung bedeutet, dass die Regelungen einer Betriebsvereinbarung auch nach ihrer Beendigung weiterhin Anwendung finden – allerdings gilt dies nur für solche Betriebsvereinbarungen, deren Inhalt mitbestimmungspflichtig ist:

Erzwingbare Betriebsvereinbarungen wirken bis zum Abschluss einer neuen Regelung stets nach (§ 77 Abs. 6 BetrVG). Das heißt: Es wirken nur diejenigen Betriebsvereinbarungen nach, für die der Gesetzgeber im Fall der Nichteinigung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber ein erzwingbares Einigungsstellenverfahren vorsieht, so zum Beispiel in den in § 87 Abs. 1 BetrVG geregelten Themenbereichen wie bei Fragen der Ordnung des Betriebs, der Arbeitszeit oder der betrieblichen Lohn- und Urlaubsgestaltung.

Für alle freiwilligen Betriebsvereinbarungen ist nach der Beendigung keine Nachwirkung gesetzlich vorgesehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Nachwirkung explizit in der Betriebsvereinbarung vereinbart worden ist von den Betriebsparteien.

Die Regelungsabrede

Ein weiteres Regelungsinstrument ist die im BetrVG nicht ausdrücklich genannte Regelungsabrede (die mitunter auch als Betriebsabsprache bezeichnet wird).

Sie kann formlos abgeschlossen werden und entfaltet keine normative Wirkung. Sie wirkt also nicht auf die Arbeitsverhältnisse ein, sondern gilt nur zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Ffür eine individualarbeitsrechtliche Wirkung muss in dem jeweiligen Arbeitsverhältnis auf sie explizit Bezug genommen werden. Sie entfaltet auch keine Nachwirkung nach ihrer Beendigung.

Praxishinweis: Auf Betriebsratsseite bedarf es eines rechtmäßigen Beschlusses, basierend auf einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung.

Bei Abschluss von Regelungsabreden ist die Sperrwirkung des Eingangssatzes des § 87 Abs. 1 BetrVG zu beachten. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG entfaltet sich nicht, da sie nur Betriebsvereinbarungen betrifft. Regelungsabreden, die gegen geltende Tarifnormen oder sonstiges höherrangiges Recht verstoßen, sind rechtswidrig.

Praxistipp: Die Regelungsabrede ist deshalb besonders in solchen Fällen ein empfehlenswertes Rechtsinstrument, in denen eine Sperrwirkung den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verwehrt (vgl. Fitting § 77, Rn. 224, 30. Auflage).

Beteiligungsrechte des Betriebsrats: Sowohl die Ausübung der Mitwirkungs- als auch die der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats kann durch eine Regelungsabrede erfolgen. Davon sollte allerdings nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden, da die Regelungsabrede gegenüber der Betriebsvereinbarung das schwächere Rechtsinstrument ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Formerfordernis und die, sofern nicht abweichend vereinbart, mangelnde Nachwirkung.

7 Schritte zur Betriebsvereinbarung

  1. Thema
    Wenn bestimmte Vorgänge im Betrieb immer wieder zu Problemen führen (Stichwort: Wahrung des Betriebsfriedens) oder Neuerungen anstehen (Stichwort: Einheitliche Schaffung eines transparenten Rechtsbodens), die einer generellen Klärung bedürfen, kann entweder der Arbeitgeber die Erstellung einer Betriebsvereinbarung anregen oder Sie als Betriebsrat ergreifen die Initiative.
  2. Diskussion
    Diskutieren Sie gemeinsam mit Ihren Betriebsratskollegen, was der Sinn der Betriebsvereinbarung ist und wo die Schwerpunkte gesetzt werden soll(t)en.
  3. Vorbereitung
    Bestimmen Sie zuerst eine oder mehrere Personen, die die Organisation und Verhandlungen übernehmen. Vergeben Sie dann inhaltliche Schwerpunkte. Achten Sie dabei darauf, dass der Vorsitzende Ihres Gremiums stets auf dem Laufenden bleibt!
  4. Sondierungsgespräche
    Klären Sie inhaltliche und organisatorische Fragen zur Effektivierung des Verhandlungsprozesses vorab mit dem Arbeitgeber.
  5. Verhandlungen und Einigung
    Maßgeblich für eine erfolgreiche Einigung mit dem Arbeitgeber sind eine gute Vorbereitung, Kenntnisse in Verhandlungsführung und letztendlich auch Durchsetzungsvermögen.
  6. Abschluss
    Formulieren Sie zuerst den Text der Betriebsvereinbarung. Nach erfolgtem Betriebsratsbeschluss, schriftlicher Niederlegung und Unterzeichnung durch Betriebsrat und Arbeitgeber erfolgt die Bekanntmachung.
  7. Kontrolle
    Nutzen Sie Ihren Durchführungsanspruch gemäß § 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG und setzen Sie ihn notfalls auch beim Arbeitsgericht gerichtlich durch. Möglich ist auch, dass Sie die Vereinbarung gemeinsam durchführen.

Praxis-Tipp

Vor Verhandlungen sollte der Betriebsrat stets genau prüfen, ob der zu verhandelnde Regelungsgegenstand nicht schon bereits in Tarifverträgen oder anderen Betriebsvereinbarungen geregelt ist. Ist eine tarifvertragliche Regelung abschließend geregelt und ergibt sich darüber hinaus ein Regelungsbedürfnis, so ist ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht gegeben (vgl. BAG, Beschl. V. 31.10.1995 - 1 ABR 5/95). Handelt es sich um Regelungsgegenstände deren Ursprung aus einem Gesetz resultiert, so kann sich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ergeben.

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Autor: Marc Hadyk

In der Praxis beschäftigt sich Rechtsanwalt Hadyk auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Rechtsanwalt Hadyk absolvierte den Fachanwaltslehrgang im Arbeitsrecht. Die anwaltlichen Tätigkeiten von Rechtsanwalt Hadyk umfassen die Beratung von Betriebsräten sowie die Beratung und Vertretung von Arbeitnehmern. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Rechtsanwalt Hadyk Referent für Betriebsräte-Schulungen sowie für arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Themen. Darüber hinaus ist Herr Marc Hadyk als Modulverantwortlicher mit wissenschaftlicher Leitung "Recht", "Grundzüge des Öffentlichen Rechts" und "Kollektives Arbeitsrecht" sowie als Dozent an der IUBH Internationale Hochschule am Standort Hamburg tätig.Herr Marc Hadyk veröffentlicht regelmäßig zu arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Themen. Rechtsanwalt Hadyk ist zudem Autor für den Verlag Vahlen, der zu dem bekannten juristischen C.H.Beck-Konzern gehört. Seit August 2018 ist Herr Hadyk TÜV Nord zertifizierter Datenschutzbeauftragter.
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