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Arbeitsstättenverordnung

8 Minuten Lesezeit

Die deutsche Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung, ArbStättV) beinhaltet Vorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten einschließlich Baustellen.

Hier erfahren Sie alles rund um dieses wichtige Thema!

Die Arbeitsstättenverordnung schützt eine Person vor einem Arbeitsunfall

Ziel der Arbeitsstättenverordnung

Die ArbStättV dient dem Schutz der Beschäftigten in Arbeitsstätten sowie der Prävention und Verhütung von Arbeitsunfällen. Berücksichtigt werden dabei auch die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung, wie zum Beispiel die Gewährleistung der Barrierefreiheit (§ 3 Abs. 2 ArbStättV). In Kraft getreten ist die Verordnung am 3. Dezember 2016.

Inhalt der Arbeitsstättenverordnung

Die Arbeitsstättenverordnung enthält Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten eines Betriebs. Sie dient der nationalen Umsetzung der EG-Arbeitsstättenrichtlinie 89/654/EWG und der Richtlinie 92/58/EWG des Rates über Mindestvorschriften über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz. Darüber hinaus erfolgt die Umsetzung des Anhangs IV Teil A und B der Richtlinie 92/57/EWG des Rates über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendende Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz.

Wen schützt die Arbeitsstättenverordnung?

Die Arbeitsstättenverordnung enthält Verordnungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Beschäftigte sind alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer sowie Personen, die durch eine rechtliche Beziehung zu einem Arbeitgeber Arbeitsleistungen erbringen. Grundsätzlich unter den Beschäftigtenbegriff fallen:

  • Arbeitnehmer
  • Auszubildende
  • Arbeitnehmerähnliche Personen
  • Beamte
  • Richter
  • Soldaten
  • Beschäftigen in Werkstätten für Behinderte

Nicht durch die Verordnung geschützt werden dritte Personen, wie beispielsweise die Besucher einer Arbeitsstätte, Lieferanten oder Angehörige. Für diese muss der Arbeitgeber zwar auch die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die von der Arbeitsstätte ausgehenden Gefahren zu reduzieren bzw. zu beseitigen, allerdings bestimmen sich diese Maßnahmen nicht nach der Arbeitsstättenverordnung.

Wer ist für die Einhaltung der Verordnung verantwortlich?

Die Arbeitsstättenverordnung gilt für alle Arbeitgeber. Neben privaten Arbeitsstätten umfasst der Geltungsbereich auch Arbeitsstätten in öffentlicher Hand, wie Gerichte, Verwaltungsstellen und Betriebe der Länder und Gemeinden sowie Anstalten des öffentlichen Rechts. Darüber hinaus sind auch Arbeitsstätten kirchlicher und gemeinnütziger Arbeitgeber an die Vorgaben gebunden. Hiervon ausgenommen sind jedoch Hausangestellte in privaten Haushalten sowie Betriebe, für die das Bundesberggesetz mit seinen speziellen Schutzregelungen Geltungsanspruch erhebt.

Arbeitgeber im Sinne der Arbeitsstättenverordnung, sind sowohl natürliche (z.B. Kaufleute, Landwirte, Ärzte) als auch juristische Personen (z.B. Kapitalgesellschaften, eingetragene Vereine) sowie rechtsfähige Personengesellschaften und Behörden, die Personen beschäftigen.

An die Arbeitsstättenverordnung gebunden sind alle in Deutschland ansässigen Betriebe sowie Betriebe deren Sitz im Ausland ist, die jedoch Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigen. Ob das jeweilige Arbeitsverhältnis laut Arbeitsvertrag für das In- oder Ausland gilt, ist dabei irrelevant.

Die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung müssen sowohl beim Errichten als auch beim Betreiben der Arbeitsstätte beachtet werden. Deshalb sollte bereits bei der Abnahme von Gebäuden oder Gebäudeteilen geprüft werden, ob die Arbeitsstättenmaßgaben zum Schutz der Beschäftigten vorhanden sind. Die Bestimmungen hinsichtlich des Betreibens, sollen den Schutz der Beschäftigten während des Betriebs der technischen Anlagen sicherstellen.

Sicherheit und Gesundheitsschutz

Die Arbeitsstättenverordnung besteht aus einem verfügenden Teil mit insgesamt 10 Paragraphen und einem in sechs Abschnitte unterteilten Anhang mit Anforderungen an Arbeitsstätten. Anstatt konkreter Maßzahlen und Detailanforderungen werden in der Verordnung vor allem allgemeine Schutzziele formuliert, wodurch Arbeitgebern ein größerer Gestaltungsspielraum für den Betrieb der Arbeitsstätte gewährt wird. Stets berücksichtigt werden müssen hierbei auch die Belange von Menschen mit Behinderungen (§ 3).

Neben den Regelungen für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten (§§ 3a und 4) und den Vorschriften zum Nichtraucherschutz (§ 5), enthält die Verordnung spezielle Vorschriften für Arbeits-, Sanitär-, Pausen-, Bereitschafts- und Erste-Hilfe-Räume sowie Unterkünfte (§ 7).

Das erste Kapitel des Anhangs der Verordnung stellt überdies Anforderungen an die Beschaffenheit der Arbeitsstätte. Im zweiten Abschnitt werden Maßnahmen zum Schutz vor besonderen Gefahren wie Absturz und Entstehungsbrände sowie Vorgaben für Flucht- und Rettungswege aufgeführt. Im dritten Abschnitt werden die wesentlichen Arbeitsbedingungen geregelt. Hierzu zählen unter anderem die Bewegungsfläche, die Ausstattung der Arbeitsplätze, die Raumtemperatur und die Beleuchtung. Der fünfte Abschnitt stellt schließlich ergänzende Anforderungen für nicht allseits umschlossene bzw. im Freien liegende Arbeitsstätten, während der sechste und letzte Abschnitt auf die Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen eingeht.

Ein wesentliches Hilfsmittel für die praktische Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung sind die technischen Regeln für Arbeitsstätten.

Technische Regeln für Arbeitsstätten

Die technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) beinhalten Maßnahmen und Durchführungshilfen, mittels derer die Schutzziele und Anforderungen an Betrieb im Hinblick auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten erreicht werden können. Dadurch werden dem Arbeitgeber die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sowie die Festlegung geeigneter Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten erleichtert. Jedoch ist die Anwendung der ASR nicht obligatorisch. So kann der Arbeitgeber eigenständig von den Vorgaben der ASR abweichen, insofern er die Schutzzielvorgaben der Arbeitsstättenverordnung durch die Anwendung anderer Maßnahmen einhält und die aus der Gefährdungsanalyse ermittelten Risiken reduziert bzw. beseitigt.

Was gehört zu einer Arbeitsstätte?

Zur Arbeitsstätte gehören das Gelände und die Räumlichkeiten des Betriebs oder einer Baustelle, zu denen die Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit Zugang haben. Hier miteinbegriffen sind:

  • Arbeitsräume
  • Lager-, Maschinen- und Nebenräume
  • Kantinen-, Pausen- und Bereitschaftsräume
  • Sanitär- und Erste-Hilfe-Räume
  • Verkehrs- und Fluchtwege
  • Notausgänge
  • Unterkünfte

Darüber hinaus gehören zu einer Arbeitsstätte alle Einrichtungen, die zu ihrem Betrieb erforderlich sind, wie beispielsweise Sicherheitsbeleuchtungen, Feuerlöscheinrichtungen, Energieverteilungsanlagen, Türen und Tore. Bei Ladengeschäften mit Verkaufsständen im Freien, gehören diese ebenfalls zur Arbeitsstätte.

Sonderfälle

Nach § 1 Abs. 2 ArbStättV gilt die Verordnung für Betriebe in speziellen wirtschaftlichen Bereichen nur eingeschränkt. Grundsätzlich nicht vom Geltungsanspruch der Arbeitsstättenverordnung erfasst sind Betriebe:

  • Im Reiseverkehr
  • Im Marktverkehr
  • Mit Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr

Der Grund hierfür ist, dass allgemeine Sicherungsvorschriften in diesen Bereichen nicht ausreichend sind, da hier ein genauer Orts- und Betriebsbezug der Arbeitsstätte fehlt oder besondere Gefahrenquellen von dem Betrieb ausgehen.

Unabhängig von der betrieblichen Eigenart und einer Orts- oder Betriebsverbundenheit gelten jedoch grundsätzlich die Regelungen zum Nichtraucherschutz und der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung.

Auch für die sog. Telearbeitsplätze gelten die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung nur eingeschränkt. Zu beachten sind hier lediglich die Vorschriften über:

  • Gefährdungsanalysen bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes (§ 3 ArbStättV)
  • Die Unterweisung der Beschäftigen (§ 6 ArbStättV)
  • Die Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen (Anhang Nr. 6 ArbStättV)

Diese Ausnahmereglung gilt jedoch nur, wenn der Telearbeitsplatz von den übrigen Arbeitsplätzen im Betrieb abweicht. Dies trifft zum Beispiel auf Arbeitsplätze im „Home Office“ zu. Befindet sich der Telearbeitsplatz innerhalb der Arbeitsstätte und stimmt mit den Arbeitsbedingungen innerhalb dieser überein, gelten keine gesonderten Regelungen.

Die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen gelten für bestimmte Arbeitsplätze bzw. Bildschirmgeräte ebenfalls nur eingeschränkt. Hierzu zählen:

  • Bedienerplätze von Maschinen mit Bildschirmgeräten
  • Fahrerplätze von Fahrzeugen mit Bildschirmgeräten
  • Tragebare Bildschirmgeräte für die ortveränderliche Verwendung, die nicht regelmäßig an einem Arbeitsplatz verwendet werden
  • Rechenmaschinen
  • Registrierkassen oder andere Arbeitsmittel mit einer kleinen Daten- und Messwertanzeigevorrichtung, die zur unmittelbaren Benutzen des Arbeitsmittels erforderlich ist
  • Schreibmaschinen klassischer Bauart mit einem Display

Des Weiteren entfallen die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung für bestimmte Arbeitsplätze in ihrer Gesamtheit. Dies trifft zu bei:

  • Mobiler Arbeit
  • Außendienstarbeitsplätze
  • Arbeitsplätze in einem Fremdbetrieb

Zur Wahrung öffentlicher Belange, insbesondere zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit, sind der Bund und die Länder ebenfalls berechtigt Ausnahmen von den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung zuzulassen. Beispielsweise sind Soldaten grundsätzlich auch durch die Vorschriften der Verordnung geschützt. Allerdings werden diese den Maßnahmen für einen effektiven Einsatz der Soldaten als Streitkräfte oftmals nicht gerecht. Deshalb sind der Bund und die Länder in einer solchen Ausnahmesituation berechtigt, sich entgegen den Regelungen zu verhalten. Dafür muss jedoch gleichzeitig auch festgelegt werden, durch welche anderen Vorkehrungen, die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Betroffenen sichergestellt wird. So darf eine Ausnahmeregelung nur dann zur Geltung kommen, wenn Ersatzschutzmaßnahmen ergriffen werden. Eine solche Ersatzmaßnahme kann zum Beispiel eine interne Dienstanweisung, die für alle Beteiligten verbindlich ist, sein.

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